Pflücken bedeutet, volle Natur zu tanken, sich von den Aromen der Erde berauschen zu lassen
Es bedeutet, das Aroma der Pflanzen, einfache Dinge, wiederzufinden und schließlich das Vergnügen daran, das zu teilen, was man mitgebracht hat.
Wir haben das Glück im Pays des Écrins, in einer üppigen, großzügigen und ursprünglichen Natur zu leben. Die Bewohner dieser Berge haben stets in enger Verbundenheit mit der Pflanzenwelt gelebt. Unsere Großmütter kochten wilden Spinat, aus der Briançon-Pflaume gewannen unsere Großväter Öl. Die Kinder stellten Spielzeug selber her. Wir, die Nachfahren, erfreuen uns bis heute an Brennnesselsuppe und Ysop-Kräutertee. Während das Pflanzengedächtnis und die Pflanzennutzung seit Jahrhunderten und über Generationen hinweg überliefert werden konnten, steht heute die Erhaltung dieser Ressource auf dem Spiel. Denn wenn wir falsch pflücken, wenn wir zu viel pflücken, bringen wir diesen Reichtum in Gefahr. Also lasst uns pflücken, spielen und uns kurieren, lasst uns von diesem außergewöhnlichen Geschenk profitieren – aber behutsam und vorsichtig.
Dominique Coll, erfahrene Ethnobotanikerin, und Laetitia Giroux, Heilkräuterpflückerin, vertrauen Ihnen ihre Pflücktechniken an und erzählen, was sie von der Wildnis gelernt haben.
Pflückkunst, Art und Weise des Pflückens und Zurückhaltung
Es ist wichtig zu wissen, dass bestimmte Pflanzen geschützt sind und deren Ernte daher entweder verboten oder gesetzlich geregelt ist. Dies gilt hier für Alpenwermut, Arnika und Gelben Enzian. Informieren Sie sich bitte vor dem Pflücken und überprüfen Sie, dass Sie sich nicht im Gebiet des Nationalparks Les Écrins befinden.
Pflücken Sie bitte nur Pflanzen, die in großen Mengen vorhanden sind. Achten Sie außerdem darauf, einen großen Anteil unberührt zu lassen, damit sich die Pflanzenart fortpflanzen kann und die Tiere in der kalten Jahreszeit Nahrung finden.
Bei bestimmten Arten wie der Großen Brennnessel und Löwenzahn ist das Pflücken einfach. Andere Pflanzenarten erfordern mehr Vorsicht, zum Beispiel verholzende Pflanzen wie Lavendel, Ysop oder Thymian. Wenn wir in den verholzten Teil schneiden, besteht die Gefahr, dass die Pflanze im darauffolgenden Jahr nicht mehr austreibt. Man muss in den grünen und weichen Teil schneiden und die kugelige Form erhalten, die es den Pflanzen ermöglicht, harmonisch zu gedeihen.
Gepflückt wird mit der Hand, einer Gartenschere oder einer Sichel, das Schneidwerkzeug sollte sauber und scharf sein. Dies beugt der Übertragung von Krankheiten vor und ermöglicht eine gute Wundheilung der Pflanze. Treten Sie bitte keine Pflanzen nieder und vermeiden Sie es, in Gruppen zu pflücken. Aus Respekt vor der Arbeit der Landwirte sollten Mähwiesen nicht betreten werden. Niedergedrücktes Gras kann nicht gemäht werden und im Winter droht den Herden dadurch Futtermangel.
Die Pflanzen sollten bei trockenem Wetter geerntet werden, da nasse Pflanzen schwieriger zu transportieren, zu trocknen und haltbar zu machen sind. Vermeiden Sie die Verwendung von Plastiktüten, da diese den Zerfallsprozess beschleunigen, nehmen Sie lieber eine Stofftasche oder einen Korb. Man darf nicht vergessen, dass der Zerfallsprozess der Pflanze beginnt, sobald diese gepflückt wurde. Danach gehen ihr Geschmack und ihre Sorteneigenschaften schnell verloren. Bestimmte Pflanzen wie etwa duftender Waldmeister oder Steinklee können sogar giftig werden, wenn die Fermentation einsetzt... Halten Sie sich daher an die folgende Regel: Wenn die Pflanze schwarz wird, werfen Sie sie weg. Nehmen Sie, um jegliche Verschwendung zu vermeiden, nur das, was Sie brauchen und verlesen Sie, verarbeiten Sie oder trocknen Sie die Pflanzen so schnell wie möglich.
Passen Sie auf sich auf
Aber pflücken Sie vor allem niemals Pflanzen, die Sie nicht kennen. Lernen Sie, die giftigen Pflanzen zu erkennen. Etwa dreißig Arten in Frankreich sind tödlich. Der Großteil davon wächst im Departement Hautes-Alpes. Die Verwechslung der Möhre mit dem Schierling ist keine erfundene Geschichte. Der Gemeine Wacholder schmeckt mit Sauerkraut köstlich, der Sadebaum dagegen stellt für Kinder eine tödliche Gefahr dar. Seien Sie daher vorsichtig.
Wählen Sie Wildpflanzen, die weit entfernt von Abgasen, Wohngebieten, Kläranlagen, Getreidefeldern, Obstplantagen und jeglichen konventionellen Anbauflächen wachsen. In unserer Region ist es nicht schwer, Höhe zu gewinnen und unberührte Landschaften zu erreichen. In den Bergen, auf den Almen, muss man jedoch aufpassen. Normalerweise essbare Pflanzen können gefährlich werden, wenn Tiere Parasiten auf sie übertragen. Sind die Tiere weg, wartet man am besten zwei Monate ab, vor allem wenn man gern wilden Salat pflückt.
Hält man sich an diese Vorsichtsmaßnahmen, steht dem Vergnügen nichts im Weg – pflücken, kosten, kochen, trocknen, nochmal kosten und wieder spazierengehen – alle unsere Sinne wollen noch mehr davon.
Um mehr zu erfahren, stehen Ihnen fachkundige Experten zur Verfügung:
- Dominique Coll – Les Coll Buissonnière – 06 81 64 07 46
- Laetitia Giroux – Flore des Écrins – Facebook – 06 20 96 55 87
- Anne Merry : www.anne-merry.com – 06 72 38 01 18
Für Neugierige:
- Wildpflanzenweg "Le chemin des herbes: les plantes sauvages", Thierry Thévenin
- "Le livre des bonnes herbes" (Das Buch der Heilpflanzen), Pierre Lieutaghi
- "Sauvages et médicinales" (Wild- und Heilpflanzen), Marie-Claude Paume
- "Sauvages et comestibles" (Wild- und Nahrungspflanzen), Marie-Claude Paume